Sonderpädagogischer Unterstützungsbedarf & Inklusion Niedersachsen

Sonderpädagogischer Unterstützungsbedarf & Inklusion Niedersachsen

Der sonderpädagogische Förderbedarf wurde in Niedersachsen im Jahre 2013 grundlegend neu geregelt und in sonderpädagogischer Unterstützungsbedarf umbenannt.  Niedersachsen hat in den Neuregelungen ein Recht auf Inklusion geregelt.

Auffällig ist im Vergleich zu anderen Bundesländern, dass Niedersachsen seit jeher ein vergleichsweise robuster Umgang mit Inklusionsschülern vorherrscht, insbesondere Kinder mit sozial-emotionalem Förderbedarf werden massiv unter Druck gesetzt und es werden teils drakonische Ordnungsmaßnahmen erlassen, was freilich rechtlich unzulässig und ein Bankrott für das Recht auf Inklusion ist...

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Feststellung sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf in Niedersachsen

Wie in allen anderen Bundesländern auch, ist die Feststellung sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs in Niedersachsen dann kein Problem, wenn dies einvernehmlich mit den Eltern geschieht und alle derselben Meinung sind. Auch Niedersachsen hat die bisherige Verfahrensweise, dass das Verwaltungsverfahren über die Niedersächsische Landesschulbehörde geführt wurde, abgeschafft und es den Schulen ermöglicht, dass diese direkt eine Förderkommission einberufen. In § 3 Abs, 1 & 2 Verordnung zum Bedarf an sonderpädagogischen Unterstützung heißt es:

(1) Die Schulleiterin oder der Schulleiter setzt eine Förderkommission ein, die aus
1. der Schulleiterin oder dem Schulleiter oder einer von ihr
oder ihm beauftragten Lehrkraft als vorsitzendem Mitglied,
2. den Lehrkräften, die das Fördergutachten erstellt haben,
und
3. den Erziehungsberechtigten
besteht. Das vorsitzende Mitglied kann weitere Mitglieder berufen. Die Erziehungsberechtigten können sich vertreten lassen oder eine Person ihres Vertrauens hinzuziehen. Persönliche Angelegenheiten der Erziehungsberechtigten und des Kindes sind vertraulich zu behandeln.
(2) Die Förderkommission empfiehlt der Landesschulbehörde, ob ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung oder die Änderung eines festgestellten Bedarfs an sonderpädagogischer Unterstützung festgestellt werden sollte. 

Kurzum: Die Schule leitet alles selbständig ein, der Sonderpädagoge erstellt ein Fördergutachten und die Landesschulbehörde entscheidet schließlich nur, wobei sie sich erfahrungsgemäß an das hält, was (die Mehrheit) der Förderkommission (bestehend aus Schule und Sonderpädagoge) will...

Praktisch und auch rechtlich relevanter sind die Konstellationen, bei denen Schulen versuchen, Kinder, die nicht nach Schema F laufen, kurzerhand in den sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf zu drängen, um an Ressourcen zu gelangen. Vor allem verhaltensauffällige oder lernschwache Kindern geraten immer wieder schnell in den Fokus, selbst wenn sie nur ADHS oder eine starke Teilleistungsstörung aufweisen (Legasthenie, Dyskalkulie).

Schulen können in diesem Fall auch gegen den Willen der Eltern ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs einleiten und ein Fördergutachten in Auftrag geben. In § 2 der Verordnung zum Bedarf an sonderpädagogischen Unterstützung heißt es:

Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass bei einer Schülerin oder einem Schüler oder bei einem Kind, das zum Schulbesuch angemeldet ist, ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung besteht oder dass sich ein festgestellter Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung geändert hat, so veranlasst die Schulleiterin oder der Schulleiter, dass eine Lehrkraft der Schule und eine Förderschullehrerin oder ein Förderschullehrer an einer öffentlichen Schule ein Fördergutachten erstellen.  Anhaltspunkte können sich insbesondere aus der schulischen Entwicklung, aus vorschulischen und außerschulischen Berichten und aus Angaben der Erziehungsberechtigten ergeben...

Aus dem Wortlaut wird ersichtlich, dass Niedersachsen beim sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf sehr ruppig vorgeht und bereits auf Basis vorschulischer und außerschulischer Erkenntnisse solch ein Fördergutachten in Auftrag gibt. D.h. Niedersachsen gehört zu den Bundesländern, wo man bereits bei der Einschulung schnell in den Fokus sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs gerät und gerade bei Zurückstellungsanträgen aufpassen muss, weil sehr häufig als Retourkutsche ein Fördergutachten in Auftrag gegeben wird...

Nach alldem sollte man immer sehr hellhörig werden, wenn sonderpädagogischer Unterstützungsbedarf in den Raum gestellt wird. da die Schule mit der Möglichkeit auch gegen den Willen der Eltern ein Fördergutachten in Auftrag zu geben und eine Förderkommission einzuberufen, rasch Fakten schaffen kann, sollte man immer möglichst frühzeitig gegensteuern, sonst wird man rasch überrollt: Der Sonderpädagoge schreibt das, was die Schule will und die Niedersächsische Landesschulbehörde stellt das fest, was Schule und Sonderpädagoge wollen...

D.h. man muss von Beginn an Gegendruck machen, denn ungewollter sonderpädagogischer Unterstützungsbedarf führt meist zu Nachteilen:  Kinder mit sozial-emotionalem Förderbedarf werden regelmäßig noch mehr stigmatisiert als dies bereits zuvor der Fall war. Gerade in Niedersachsen sind gravierende Ordnungsmaßnahmen trotz inklusiver Beschulung an der Tagesordnung!  Und wer Förderbedarf Lernen erhält, der wird regelmäßig binnendifferenziert beschult, bekommt also leichtere Lernmaterialien und entfernt sich meist immer weiter vom Lernstoff der Klasse...

Und wenn man erst einmal sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf hat, wird man diesen fast nie wieder los. Von sich aus, wird der sonderpädagogische Unterstützungsbedarf nie ernsthaft in Frage gestellt und selbst wenn man selbst einen Antrag auf Aufhebung des sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs stellt, ist es schwer bis unmöglich, diesen wieder aufzuheben...

Werden Sie mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf konfrontiert, dann sollten sich zumindest wegen einer Erstberatung bei mir melden, damit wir sehen können, was man machen kann.

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Recht auf Inklusion in Niedersachsen

Niedersachsen hat ein tief verankertes Recht auf Inklusion an öffentlichen Schulen. In § 4 Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG) heißt es:

(1) Die öffentlichen Schulen ermöglichen allen Schülerinnen und Schülern einen barrierefreien und gleichberechtigten Zugang und sind damit inklusive Schulen. 2Welche Schulform die Schülerinnen und Schüler besuchen, entscheiden die Erziehungsberechtigten (§ 59 Abs. 1 Satz 1).
(2)  In den öffentlichen Schulen werden Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderung gemeinsam erzogen und unterrichtet. Schülerinnen und Schüler, die wegen einer bestehenden oder drohenden Behinderung auf sonderpädagogische Unterstützung angewiesen sind, werden durch wirksame individuell angepasste Maßnahmen unterstützt; die Leistungsanforderungen können von denen der besuchten Schule abweichen. 3Ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung kann in den Förderschwerpunkten Lernen, emotionale und soziale Entwicklung, Sprache, geistige Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung, Sehen und Hören festgestellt werden.

So hoch der Anspruch bei Inklusion in Niedersachsen ist, so tief ist der Fall, denn in kaum einem Bundesland höre ich mehr Horrorgeschichten über fehlgeschlagene Inklusion wie in Niedersachsen:

Besonders gravierend ist dies bei Kinder mit sozial-emotionalem Unterstützungsbedarf, die zwar in allen Bundesländern tendenziell als Inklusionsschüler unerwünscht sind, die Schulen allerdings deutlich höhere Beißhemmungen bei repressiven Ahndungen haben, als dies in Niedersachsen der Fall ist: Gedacht ist es ja eigentlich so, dass durch die sonderpädagogische Unterstützung präventiv gearbeitet wird. Stattdessen wird in Niedersachsen sehr häufig mit Ordnungsmaßnahmen geahndet, teils mit sehr langen Unterrichtsausschlüssen, was nicht nur pädagogischer Bankrott, sondern auch rechtlich unzulässig ist!

Und Kinder mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf Lernen haben das Recht, über die Inklusion  möglichst an Ihre Klasse herangeführt zu werden, tatsächlich entfernen sie sich aber meist immer weiter von ihren Mitschülern. 

Sollten Sie vorstehende Probleme bei der Umsetzung des Rechts auf Inklusion in Niedersachsen haben, dann melden Sie sich bei mir. 

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